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Aufzeichnung des Vortrags - Neurodiversität

Im Rahmen des Projekts „Vielfalt an deutschen Hochschulen“, das von der deutschen Hochschulrektorenkonferenz ausgeschrieben wurde und an dem die evangelische Hochschule für Soziale Arbeit und Diakonie teilnimmt, veranstalten wir eine Vortragsreihe zum Thema Diversität.

Der erste Vortrag in dieser Reihe fand am 02.11. 2023 im Wiechernsaal statt. Hier nahmen ca. 20 Zuhörer*innen teil, über online waren über 250 Interessierte aufgetaucht, sodass leider nicht alle Zugang bekommen konnten. Dieser Andrang zeigt, wie aktuell und relevant das Thema des Vortrages ist.

Professor André Frank Zimpel von der Universität Hamburg sprach über das Thema Neurodiversität in Hochschule und Gesellschaft. Er ist Leiter des ZNDF - Zentrum für Neurodiversitätsforschung und einer der profundesten Kenner des Themas.

Lange Zeit war Neurodiversität in allen ihren diversen Erscheinungsweisen unsichtbar. Von dieser Behinderung betroffene Menschen hatten massive Probleme in Ausbildung und Beruf zu gegenwärtigen. Allmählich und langsam beginnen hier Veränderungen. Erkenntnisse aus der Forschung setzen sich behutsam durch.

Professor Zimpel wird nicht müde zu betonen, dass sich menschliche Gehirne wie Schneeflocken von einander unterscheiden: Keines gleicht dem  anderen. Neurodiversität überfordert und eröffnet Chancen.  Besonderheiten der Aufmerksamkeit könnten in Zukunft als sich überlagernde  Spektren in unterschiedlichen Dimensionen verstanden werden. Diagnosen  könnten in fernerer Zukunft dann so lauten: Die autistische Symptomatik ist bei  diesem Kind (oder dieser jugendlichen bzw. erwachsenen Person) stärker als bei  75 Prozent aller Personen gleichen Alters und gleichen Geschlechts.

Eine solche Diagnostik wäre nicht mehr eindimensional, sondern würde  mehrere Spektren zu einem individuellen Persönlichkeitsprofil  zusammenfassen. Wünschenswert wäre, dass solche Spektren nicht nur  Störungen und Beeinträchtigungen auflisten, sondern auch um Spektren  besonderer Entwicklungspotenziale erweitert werden, wie sie bei  verschiedenen Formen der Neurodiversität, wie zum Beispiel ADHS, Autismus,  LRS (Lese-Rechtschreib-Schwäche), Tourettesyndrom usw., zweifelsfrei zu finden  sind.

Prof André Frank Zimpel brachte seine Zuhörer*innen auf eloquente Weise auf den neusten Stand der Forschung.

„Welche Farbe hat für Sie die Zahl fünf?“, so band er sein Publikum mit ein. Für manche Person war es dabei völlig neu, dass einige Menschen gar keine Farben mit Zahlen oder Buchstaben verbinden. Nicht alle menschen sind Synästhetiker*innen, aber niemand kann aus ihrem oder seinem Gehirn hinausschlüpfen und hält die eigene Normalität so oft für allgemein.

„Vervollständigen Sie bitte die Zahlenreihe 2, 4, 6.“

Im Intelligenztest erhalten Sie nur für die einfachste Antwort 8 einen Punkt, für weitere mögliche Antworten wie 10, 12 oder 15, 37 – gemäß Interpolation nach Lagrange gibt es für jede Zahlenfolge eine Formel zu deren Berechnung - gibt es keinen Punkt.

Oftmals kommen Menschen mit Neurodivergenz aber genau auf die schwierigen Antworten, da ihr Aufmerksamkeitsspektrum erweitert ist, Punkte ernten sie aber dafür heute oft immer noch nicht.

Professor Zimpel sprach über die Problematik von Nachteilsausgleichen, wie sie heute praktiziert werden. Wenn Studierende in ihrer Tasche kramen oder auf das Smartphone schauen, was meistens zuerst diejenigen mit ADHS tun, dann sollte das für die Vortragenden ein Zeichen sein, ihrem Vortrag wieder neuen Schwung zu geben, so Professor Zimpel in einem weiteren, dem Hochschulalltag nahen Beispiel. In seinem Vortrag jedenfalls kramte niemand in seiner Tasche oder schaute auf das Smartphone.

Dies waren nur einige der anregenden Beispiele in seinem Vortrag.

Im Anschluss an den faszinierenden Vortrag  beantwortete er noch zahlreiche Fragen aus dem Wiechernsaal und der Online-Zuhörer*innenschaft. Insgesamt wärte die Veranstaltung über zwei Stunden, was Weite und Relevanz der Thematik veranschaulicht.

Über den Link kann der Vortrag genossen werden

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