Aktuelle Lebenslagen und Lebensbewältigung Studierender der Sozialen Arbeit (ALL-SoAr)

Eine regionale Lehrforschungs-Fallstudie zur Vereinbarkeit von Unterhaltserwerb, Wohlergehen und (fachpolitischer) Professionalisierung in Hamburger BA-Vollzeitpräsenzstudiengängen Sozialer Arbeit

Laut der jüngsten Studierendenbefragung der Bundesregierung (2021) gehen in Großstädten mehr als 2/3 aller Studierenden einer Erwerbstätigkeit von durchschnittlich 15 Stunden/Woche nach. Insbesondere Studierende aus nicht-akademischen Elternhäusern sind auf Erwerbstätigkeit angewiesen. Ein BaFöG-Bezug reicht in der Regel nicht aus, um die stark gestiegenen Miet- und Lebenshaltungskosten zu finanzieren. Ein Fünftel aller Studierenden verrichten außerdem neben dem Studium Care-Arbeit. Die meisten Studierenden klagen über Stress, ein knappes Drittel gibt an, dass das Studium „(sehr) häufig eine hohe Belastung“ für sie darstelle. Es gibt eine Reihe von Gründe zur Annahme, dass Sozialarbeitsstudierende den genannten Belastungen in besonderen Maße ausgesetzt sind.

Den spezifischen Lebenslagen Studierender der Sozialen Arbeit – und der Pluralisierung ihrer Lebensformen – versuchen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in den vergangen Jahrzehnten unter anderem durch eine Auffächerung unterschiedlicher Studienmodelle Rechnung zu tragen. Im Verlauf der 2010er Jahre hat sich die Struktur des „Studienmarktes“ für angehende Sozialarbeiter*innen durch die Etablierung zahlreicher privater Hochschulen erneut stark gewandelt. Deutlich wird an der jüngsten Entwicklung des Studienangebots, dass mit der beschriebenen Diversifizierung keineswegs nur den studentischen Belangen entgegen gekommen werden soll. Vielmehr sind mit ihr seitens der ministeriellen Steuerungsebene vor dem Hintergrund eines u.a. demografisch bedingten steigenden Fachkräftebedarfs handfeste Erwartungen verbunden.

Vor diesem Hintergrund soll im Rahmen des von neun Masterstudierenden der Ev. Hochschule Hamburg getragenen Lehrforschungsprojektes, drei Fragekomplexen nachgegangen werden:

  1. Gefragt werden soll, erstens, danach, was das Vollzeit-Studium im Vergleich zu anderen Studienangeboten weiterhin attraktiv macht, welche insbesondere ökonomischen Herausforderungen mit dem Studienformat verbunden sind, wie sie derzeit bewältigt werden – auch und gerade mit Blick auf das „studienintegrierte Praktikum“ – und nicht zuletzt, welche Möglichkeiten bestehen, entsprechenden Hürden auf struktureller Ebene zu begegnen. („Bewältigung von Lebenslagen – Nachjustierung der strukturellen Rahmung“)
  2. Zweitens wird untersucht, inwiefern es den Hochschulen mit Vollzeit(Präsenz)Studiengängen aus Sicht der Studierenden gelingt, einen Bildungsraum zu gestalten, der einerseits den bei Bedürfnissen Studierender nach Persönlichkeitsentfaltung, Selbstwirksamkeit und partizipativer Mitgestaltung gerecht wird, andererseits verlässliche Gelegenheiten bietet, grundlegenden professionelle Haltungen zu erproben und zu habitualisieren. („Gestaltung und Aneignung offener Bildungsräume – Deprofessionalisierung entgegenwirken“).
  3. Drittens soll erkundet werden, welche Optionen des Engagements, der politischen Bildung sowie der konkreten hochschulpolitischen Mitbestimmung den Studierenden von Präsenz(Vollzeit)Studiengänge vor dem Hintergrund knapper Ressourcen de facto offenstehen, wie diese (bisher) genutzt werden und wie der Nutzung entgegenstehende strukturelle Barrieren abgebaut werden können. („Beteiligung und Mitwirkung als zentrales Moment von Demokratiebildung und Fachlichkeit“)

Der forschungsmethodische Zugang orientiert sich neben klassischen empirischen Erhebungs- und Auswertungsverfahren (Fragebogenerhebung, Gruppendiskussion …) an partizipativen Forschungs- und Evaluationsansätzen, wie sie im Rahmen der „Fourth Generation Evaluation“ und dem „Research Forum“ erprobt wurden.

Zentral stehen dabei sechs Gruppendiskussionen mit angestrebt jeweils zehn BA-Studierenden der drei beteiligten Hochschulen (Ev. Hochschule Hamburg, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Medical School Hamburg).

Die erzielten Befunde werden im Rahmen einer gebündelten Ergebnisdiskussion mit Lehrenden anderer Hochschulen als Resonanzgeber*innen fachdiskursiv validiert.

Projektzeitraum:
Oktober 2023 bis März 2025
Kontakt:
Forschung_ALLSoAr_eh@rauheshaus.de

Ansprechpartner_innen:

Kooperationspartnerschaften
Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Departement Sozialwesen:
Prof. Dr. Tilman Lutz

Medical School Hamburg:
Prof.in Dr.in Wiebke Riekmann
Prof.in Dr.in Elisabeth Richter

Kofinanzierung:
Das Projekt wird kofinanziert durch die Liselotte-Pongratz-Stiftung

Fragebogenerhebung:

Hier geht’s zum Online-Fragebogen